Erschließung neuer Rebflächen in Argentinien
Neues Leben im Weinberg
Wie alt ein Rebstock oder ein Weinberg werden kann, liegt in erster Linie an der Pflege, die ihm der Winzer angedeihen lässt. Ab einem Alter von circa 20 Jahren nimmt der Ertrag deutlich und kontinuierlich ab. Doch wenn ein Stock , ein Weinberg, erschöpft ist, unsicheren Ertrag bringt, von einer Krankheit befallen ist oder schlicht die Rebsorte nicht mehr populär ist, steht eine Neubepflanzung an.
Obwohl in Argentiniens Weinbaugebiet Mendoza bereits im Jahr 1561 Wein angebaut wurde, sind alte Bestände hier sehr rar, noch seltener sind alte Rebanlagen, die gute Qualität hervorbringen. „Auf Kaiken haben wir alte Weinberge, die 80 Jahre alt sind, und es gibt keinen Grund, sie neu zu bepflanzen“, erklärt Aurelio Montes, Winzer in Mendoza, stolz. Aurelio und seine Frau Ximena Vial sind vor einigen Jahren endgültig von Chile nach Argentinien gezogen. Kaiken wurde einst von Aurelios Vater aufgebaut, der die Weinberge bei seinem Flug über die Anden entdeckte.
Amerikanisch-europäische Freundschaft
Um neue Rebflächen zu erschließen oder um weitere Rebsorten zur Auswahl zu haben, greift man in Argentinien genau wie in europäischen Ländern auf streng überwachtes Pflanzgut zurück. Über die Auswahl des speziellen Klons, der identischen Kopie einer Rebsorte, entscheidet der Winzer. Steht der Klon einer Rebsorte fest, wird die Unterlage ausgesucht. In Europa wird aufgepfropft es Pflanzmaterial eingesetzt. Bei der Pfropfrebe bestehen das fruchtragende Edelreis aus einer europäischen Sorte und die wurzelbildende Unterlage aus einer amerikanischen Rebe. Dieses Pflanzmaterial ist Reblaus-resistent, ja das gefürchtete Tier Phylloxera an dem amerikanischen Holz keinen Gefallen findet. Nicht veredeltesPflanzgut wird als wurzelecht bezeichnet. Ganz anders ist dies in Mendoza. Für die Rebsorte Malbec, das Flagschiff der Region wie auch für Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc und Chardonnay wird kein aufgepfropftes Pflanzmaterial eingesetzt. „Phylloxera gibt es zwar auch bei uns, aber die Art der Böden verhindert, dass der Schädling die Reben schädigt“, erläutert Aurelio. Neuanpflanzungen finden im Frühjahr statt. Ob Spalier, Gobelet, Pergola, Guyot – die Pfropfrebe muss so tief in den Boden gesetzt werden, dass die Veredlungsstelle abgedeckt ist. „Diese schwierige Arbeit wird in Mendoza bei nahezu 100 % der Flächen von Hand erledigt, nur für die Vorbereitung der Böden setze ich Maschinen ein“, betont unser Winzer aus Argentinien. Bei großen Flächen und lockerem Boden kann man mit einer Pflanzmaschine setzen, die die einzelnen Reben per Satellit gesteuert exakt in Reih und Glied in den Boden versenkt. In der Steillage oder auf steinigem Grund hilft nur die Hacke, die sichtbar Schwielen an den Händen zurücklässt.
Das erste zarte Grün aus dem Auge, der Knospe, am Edelreis verheißt nicht nur neues Leben im Weinberg. Kleintiere im Feld schätzen die zarten Blätter ebenso und so sieht man oft Kunststoffhülsen oder Tetra-Pak-Verpackungen über die jungen Triebe gestülpt. Im ersten Sommer wird der Wuchs aus dem Edelreis auf einen Trieb ausgebrochen. Dieser Trieb stellt später einmal den Stamm dar. Erst im zweiten Pflanzjahr darf es etwas mehr Laub geben. Früchte am jungen Stock würden ihn nur schwächen. Im dritten Jahr wird der „Jungfern-Ertrag“ geerntet. Nicht früher, denn es gilt, zuerst einen Stamm und tiefes Wurzelwerk zu ziehen. Ist der Stock gut im Boden verankert, kann er für viele Jahre Frucht geben und Wein für mindestens 50 Jahre liefern – sofern die Pflege stimmt!
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